Eine Zugfahrt die ist lustig, eine Zugfahrt die ist schön…….na ja nur wenn man in der richtigen Klasse sitzt!!!

 

27.05.2013

Heute fahren wir endlich nach Moskau! Ich freue mich schon, denn St. Petersburg hat mich in der Gesamtheit nicht sehr beeindruckt. Noch dazu verbinde ich mit dieser Stadt viele schlechte Erfahrungen. Aber ich werde eines Tages wieder kommen und dem Venedig des Ostens eine zweite Chance geben!

Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, dass die Russen etwas ruppig sind, sehr verschlossen, stets unfreundlich rein blickend, sich überall vordrängeln und dich auf der Strasse anrempeln. So der erste Eindruck. Wenn man dann aber einen Russen persönlich kennen lernt, ist er wie ausgetauscht. Sehr freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit. In China werde ich noch erfahren, dass man dieses ruppige, unfreundliche Verhalten gegenüber Fremden locker übertreffen kann!

Bereits vor einigen Tagen haben wir am Bahnhof unsere Zugtickets besorgt. Es gab leider nur noch ein billiges Ticket (18 EUR), das Zweite war etwas teurer (30EUR). Erst nach dem Kauf haben wir mit Pavla festgestellt, dass wir in unterschiedlichen Waggons sitzen. Sie am Anfang des Zuges, ich am Ende. Die 650 km zwischen St. Petersburg und Moskau wird der Zug in 8,5 Stunden zurücklegen. Ganz schön langsam, aber dafür günstig. Hätte ich gewusst was mich erwartet hätte sehr gerne mehr bezahlt! Im Hostel verabschieden wir uns noch von unseren zwei Mitbewohnern, die echt nett waren und uns immer russische Bonbons geschenkt haben.

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Als wir am Moskauer Bahnhof ankommen, steht unser Zug schon da. Wir verabschieden uns und jede sucht sich ihren Platz im Zug. Ich bin etwas überrascht als ich in meinem Abteil ankomme, es sieht aus wie in einer S-Bahn. Die sitze sehr hart und ungemütlich. Kein Platz fürs Gepäck. Alle oberen Ablagen sind schon voll und eher für leichtes Gepäck gedacht. Einen zusätzlichen Stauraum gibt es nicht. Holzklasse eben.

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Ich verstaue meinen großen Rucksack mit viel Mühe unter meiner Sitzbank. Den Kleinen stopfe ich zwischen meine Beine auf dem Boden. Ich habe einen Fensterplatz, das ist schon mal gut, dann kann ich wenigsten die Landschaft genießen und fotografieren. Zusammen mit 6 weiteren Fahrgästen quetschen wir uns auf unseren Plätzen. Jeweils 3 Sitzplätze auf einer Bank stehen sich gegenüber. Der Platz für Beine ist sehr eng, unsere Knie berühren sich. Ich freue mich schon auf die kommenden 8 Stunden! Ich hoffe, dass unterwegs einige Passagiere aussteigen, es wird sich wohl kaum jemand so etwas freiwillig für 8 Stunden antun. Ich irre mich, wir fahren alle bis nach Moskau! Ich habe aber Glück, die Frau, die mir gegenüber sitzt ist viel unterwegs im Zug, so kann ich wenigsten ab und zu meine Beine ausstrecken. Und neben mir sitzt ein Kind. Ich glaube das war in meinem Leben bisher die schlimmste Fahrt. Die Sitze sind so hart, dass ich nach einer Weile nicht mehr sitzen kann.

Ich mache mich auf die Suche nach Pavla, die viel weiter vorne im Zug sitzt. Beim Verlassen meines Waggons bleibt mir der Atem stecken. Ich laufe durch die anderen Abteile, die alle wie Business Class eines Fliegers ausschauen. Die Sitze sind weich gepolstert, sehen eher aus wie richtige Sessel, und ach sooo viel Platz! Wo in meinem Abteil insgesamt 6 Menschen in der Reihe Platz haben, sitzen hier nur 3! Die Sitze kann man so weit nach hinten lehnen, dass man drin fast liegt.

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Jeder Passagier liegt da mit ausgestreckten Beinen, vor sich noch ein Gepäckstück. Solche Sitze und so viel Beinfreiheit bietet nicht mal die 1. Klasse im deutschen ICE. Überall ist weicher Hochflorteppich ausgelegt. Und auch die Zuggeräusche nimmt man kaum wahr. Und das ist nur die zweite Klasse des russischen Zuges. Ach menno, hätte ich gewusst dass die Unterschiede zwischen der 3. und der 2. Zugklasse so immens sind, dann hätte ich mir auch ein teureres Ticket geleistet. Ich traue mich kaum durch die Abteile zu laufen und die Zuggäste durch meine Anwesenheit zu stören. Ich fühle mich wie ein Passagier der dritten Klasse auf der Titanic, der sich in den  Luxusbereich verirrt hat. Man sieht mir auch bestimmt an, dass ich vom Unterdeck komme. Ich weiß jetzt auch wie sich Jack Dawson gefühlt haben muss als er seine Rose auf dem Oberdeck besucht hat.

Ich mache ganz schnell ein Foto und ziehe dann weiter immer noch auf der Suche nach Pavla, die ich schließlich im Speisewagen finde. Ich gönne mir dort zum Runterkommen einen Krapfen und erzähle ihr von meinem Zugabteil.

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Sie bietet mir an, die Plätze zu tauschen, aber das möchte ich nicht. Ich habe es ja selber so gewollt. Ich bin auch kein Weichei und sehe es als eine Prüfung für alle weiteren Unannehmlichkeiten auf meiner bevorstehenden Reise. Es wird bestimmt noch Schlimmeres kommen als dieses S Bahn Abteil.

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Und ich habe diese Fahrt überlebt! Ich weiß zwar nicht mehr wie, mir tat alles weh, meine Beine sind zwischenzeitlich auch eingeschlafen und haben ganz doll gekribbelt und mein Hintern war vom Sitzen auf dem harten Sitz taub. Aber ganz nach dem Motto „Was dich nicht umbringt macht dich nur stärker“ habe ich die Zähne zusammengebissen und mir immer wieder vorgestellt, dass ich schon im Bett liege.

Gegen 22:20 Uhr kommen wir dann auch endlich in Moskau an.

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Jetzt heißt es nur noch das Hostel zu finden. Ich habe extra eins ausgesucht, welches in der Nähe einer Metro-Station liegt, damit wir so spät abends nicht durch Moskau herumlaufen müssen. Der Gebäudekomplex in dem sich das Hostel befindet ist einfach zu finden, nur dann den richtigen Eingang zu finden ist eine Herausforderung. Nach 10 Minuten Suchen habe ich im Hostel angerufen, aber die Nummer ist falsch. Es ist fast schon Mitternacht und Pavla und ich irrte durch Moskauer Hinterhöfe auf der Suche nach dem lang ersehnten Bett. Ich bin so froh nicht alleine zu sein. Schließlich finden wir den Eingang und sind heilfroh endlich angekommen zu sein. Es war ein verdammt langer und anstrengender Tag und wir freuen uns auf unser Bett. Wir schlafen in einem Schlafraum mit 12 Betten, zwei sind noch frei, in den anderen liegen bereits Männer und bestaunen die Neuankömmlinge. Bisschen unwohl ist uns schon aber die Müdigkeit siegt. Wir beziehen schnell unsere Betten, gehen ins Bad, welches eigentlich kein Bad sondern ein Durchgangsraum ist und fallen in einen tiefen und langen Schlaf.

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