Archiv für den Tag: 3. Oktober 2013

Ein Mafiosi in der Metro!!!

Die Moskauer Metro soll zu den prächtigsten Metros der Welt gehören. Bereits in Sankt Petersburg waren wir von den dortigen Metrostationen beeindruckt. Es sind nicht nur normale Stationen, wie man sie etwas von Zuhause in Deutschland kennt. Nein, hier sind es fast schon kleine Kunstwerke. Sie sind Bestandteil jedes Moskau Besuchs, zählen zu beliebten Sehenswürdigkeiten. Jede Station ist thematisch „geschmückt“. Mit Stuck, Mosaiken, Skulpturen, Kronleuchtern. Die Böden sind oft aus Marmor oder Granit. Alles glänzt und ist blitzblank sauber. Es ist so spektakulär und einmalig. Ich glaube soviel Prunkt gibt es nur in der russischen Metro. Auf jeden Fall eine Attraktion, für die man einen Tag einplanen sollte (wenn man soviel Zeit mitbringt).

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Wir möchten heute ganz gemütlich starten und uns einige dieser Stationen anschauen und später zum Kulturpark fahren. Zu den beliebtesten Stationen gehört der Revolutionsplatz. Dort stehen 76 Bronzestatuen, alle dem Thema Revolution gewidmet. Zahlreiche Soldaten spähen um die Ecken und stehen kampfbereit.

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Es gibt auch eine Glücksbringer-Statue – einen Deutschen Schäferhund. Wenn man ihm über die blank polierte Schnauze streicht wird einem ein Wunsch erfüllt. Angeblich kommen Studenten immer vor ihren Prüfungen hierher und holen sich ein wenig Glück ab.

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Dort planen wir also unseren ersten Stopp. Und tatsächlich, es ist als würde man in einem Museum aussteigen. Überall wird man von Statuen angeschaut, man weiß nicht wo man zuerst hinschauen soll. Ich mache hier und dort meine Fotos. Da sehe ich plötzlich Pavla einige Meter vor mir stehend, die mit einem Russen redet. Sie scheinen sich zu streiten, der Mann ist ziemlich aufgebracht und zeigt immer auf ihre Kamera. Langsam komme ich auf die Beiden zu und er keift mich auch an. Fragt mich irgendwas auf Russisch. Ob ich dazugehöre, ob wir aus Moskau sind. Pavla und ich schauen ihn etwas verdutzt an. Nein wir sind nur Touristen. Und machen hier Fotos von der Station. Anscheinend hat ihn Pavla unbewusst fotografiert, zusammen mit den Skulpturen, und das passt ihm ganz und gar nicht. Gut, ich habe auch ein Foto von ihm, wie er mit Pavla streitet, aber das bleibt unter uns 😉

Der Mann läuft einige Schritte weg, holt sein Handy aus der Hosentasche und fängt an zu telefonieren. Dabei schaut er zu uns rüber, ist verärgert und gestikuliert wild. Pavla und ich kriegen es langsam mit der Angst zu tun. Wen hat sie da bloß fotografiert? Warum regt er sich so auf? Er muss bestimmt ganz viel Dreck am Stecken haben. Vielleicht jemand von der russischen Mafia??? Jaaa, das wird es sein!!! Er hatte ein geheimes, wichtiges Treffen und sie hat ihn dabei abgelichtet. Wir fühlen uns unwohl und entscheiden unsere Erkundungstour durch die Station „Ploschad Revoluzii“ schlagartig zu beenden. Wir steigen in den nächsten Zug der einfährt (da sie im Minutentakt kommen, ist bereits Einer da) und hoffen, dass der aufgebrachte Unbekannte nicht gesehen hat, welche Bahn wir genommen haben und uns verfolgt. Ich ziehe meine pinkfarbene Jacke aus, verstaue sie im Rucksack und löse meinen Zopf. Pavla zieht sich auch um und trägt ihr Haar jetzt auch offen. So, jetzt sind wir nicht mehr zu erkennen. Falls er Jemanden unsere Beschreibung gegeben hat, wird Derjenige uns bestimmt nicht mehr unter den Millionen Fahrgästen finden (wenigstens ein schwacher Trost). Etwas beruhigter fahren wir dann zu unserem geplanten Tagesziel, dem Kulturpark. Auf weitere Fotosessions in anderen Station ist uns die Lust vergangen

Abends im Hostel erzählen wir die Geschichte unserem Hostelbesitzer, der uns beruhigt. Ein Mafiosi fährt doch NIEMALS mit der Metro! Gut, das haben wir dann im Nachhinein auch überlegt, um uns zu beruhigen, aber in Russland weiß man nie so richtig. Wahrscheinlich war es Jemand der tatsächlich Mist gebaut hat und dachte, Pavla wäre eine Privatdetektivin (sie sah auch so aus) die Beweise sammelt. Gut dass Moskau so groß ist, wir werden in den nächsten Tagen einen großen Bogen um diese Metrostation machen und lieber auch eine andere Linie nehmen.

Eine Zugfahrt die ist lustig, eine Zugfahrt die ist schön…….na ja nur wenn man in der richtigen Klasse sitzt!!!

 

27.05.2013

Heute fahren wir endlich nach Moskau! Ich freue mich schon, denn St. Petersburg hat mich in der Gesamtheit nicht sehr beeindruckt. Noch dazu verbinde ich mit dieser Stadt viele schlechte Erfahrungen. Aber ich werde eines Tages wieder kommen und dem Venedig des Ostens eine zweite Chance geben!

Mittlerweile habe ich mich auch daran gewöhnt, dass die Russen etwas ruppig sind, sehr verschlossen, stets unfreundlich rein blickend, sich überall vordrängeln und dich auf der Strasse anrempeln. So der erste Eindruck. Wenn man dann aber einen Russen persönlich kennen lernt, ist er wie ausgetauscht. Sehr freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit. In China werde ich noch erfahren, dass man dieses ruppige, unfreundliche Verhalten gegenüber Fremden locker übertreffen kann!

Bereits vor einigen Tagen haben wir am Bahnhof unsere Zugtickets besorgt. Es gab leider nur noch ein billiges Ticket (18 EUR), das Zweite war etwas teurer (30EUR). Erst nach dem Kauf haben wir mit Pavla festgestellt, dass wir in unterschiedlichen Waggons sitzen. Sie am Anfang des Zuges, ich am Ende. Die 650 km zwischen St. Petersburg und Moskau wird der Zug in 8,5 Stunden zurücklegen. Ganz schön langsam, aber dafür günstig. Hätte ich gewusst was mich erwartet hätte sehr gerne mehr bezahlt! Im Hostel verabschieden wir uns noch von unseren zwei Mitbewohnern, die echt nett waren und uns immer russische Bonbons geschenkt haben.

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Als wir am Moskauer Bahnhof ankommen, steht unser Zug schon da. Wir verabschieden uns und jede sucht sich ihren Platz im Zug. Ich bin etwas überrascht als ich in meinem Abteil ankomme, es sieht aus wie in einer S-Bahn. Die sitze sehr hart und ungemütlich. Kein Platz fürs Gepäck. Alle oberen Ablagen sind schon voll und eher für leichtes Gepäck gedacht. Einen zusätzlichen Stauraum gibt es nicht. Holzklasse eben.

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Ich verstaue meinen großen Rucksack mit viel Mühe unter meiner Sitzbank. Den Kleinen stopfe ich zwischen meine Beine auf dem Boden. Ich habe einen Fensterplatz, das ist schon mal gut, dann kann ich wenigsten die Landschaft genießen und fotografieren. Zusammen mit 6 weiteren Fahrgästen quetschen wir uns auf unseren Plätzen. Jeweils 3 Sitzplätze auf einer Bank stehen sich gegenüber. Der Platz für Beine ist sehr eng, unsere Knie berühren sich. Ich freue mich schon auf die kommenden 8 Stunden! Ich hoffe, dass unterwegs einige Passagiere aussteigen, es wird sich wohl kaum jemand so etwas freiwillig für 8 Stunden antun. Ich irre mich, wir fahren alle bis nach Moskau! Ich habe aber Glück, die Frau, die mir gegenüber sitzt ist viel unterwegs im Zug, so kann ich wenigsten ab und zu meine Beine ausstrecken. Und neben mir sitzt ein Kind. Ich glaube das war in meinem Leben bisher die schlimmste Fahrt. Die Sitze sind so hart, dass ich nach einer Weile nicht mehr sitzen kann.

Ich mache mich auf die Suche nach Pavla, die viel weiter vorne im Zug sitzt. Beim Verlassen meines Waggons bleibt mir der Atem stecken. Ich laufe durch die anderen Abteile, die alle wie Business Class eines Fliegers ausschauen. Die Sitze sind weich gepolstert, sehen eher aus wie richtige Sessel, und ach sooo viel Platz! Wo in meinem Abteil insgesamt 6 Menschen in der Reihe Platz haben, sitzen hier nur 3! Die Sitze kann man so weit nach hinten lehnen, dass man drin fast liegt.

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Jeder Passagier liegt da mit ausgestreckten Beinen, vor sich noch ein Gepäckstück. Solche Sitze und so viel Beinfreiheit bietet nicht mal die 1. Klasse im deutschen ICE. Überall ist weicher Hochflorteppich ausgelegt. Und auch die Zuggeräusche nimmt man kaum wahr. Und das ist nur die zweite Klasse des russischen Zuges. Ach menno, hätte ich gewusst dass die Unterschiede zwischen der 3. und der 2. Zugklasse so immens sind, dann hätte ich mir auch ein teureres Ticket geleistet. Ich traue mich kaum durch die Abteile zu laufen und die Zuggäste durch meine Anwesenheit zu stören. Ich fühle mich wie ein Passagier der dritten Klasse auf der Titanic, der sich in den  Luxusbereich verirrt hat. Man sieht mir auch bestimmt an, dass ich vom Unterdeck komme. Ich weiß jetzt auch wie sich Jack Dawson gefühlt haben muss als er seine Rose auf dem Oberdeck besucht hat.

Ich mache ganz schnell ein Foto und ziehe dann weiter immer noch auf der Suche nach Pavla, die ich schließlich im Speisewagen finde. Ich gönne mir dort zum Runterkommen einen Krapfen und erzähle ihr von meinem Zugabteil.

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Sie bietet mir an, die Plätze zu tauschen, aber das möchte ich nicht. Ich habe es ja selber so gewollt. Ich bin auch kein Weichei und sehe es als eine Prüfung für alle weiteren Unannehmlichkeiten auf meiner bevorstehenden Reise. Es wird bestimmt noch Schlimmeres kommen als dieses S Bahn Abteil.

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Und ich habe diese Fahrt überlebt! Ich weiß zwar nicht mehr wie, mir tat alles weh, meine Beine sind zwischenzeitlich auch eingeschlafen und haben ganz doll gekribbelt und mein Hintern war vom Sitzen auf dem harten Sitz taub. Aber ganz nach dem Motto „Was dich nicht umbringt macht dich nur stärker“ habe ich die Zähne zusammengebissen und mir immer wieder vorgestellt, dass ich schon im Bett liege.

Gegen 22:20 Uhr kommen wir dann auch endlich in Moskau an.

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Jetzt heißt es nur noch das Hostel zu finden. Ich habe extra eins ausgesucht, welches in der Nähe einer Metro-Station liegt, damit wir so spät abends nicht durch Moskau herumlaufen müssen. Der Gebäudekomplex in dem sich das Hostel befindet ist einfach zu finden, nur dann den richtigen Eingang zu finden ist eine Herausforderung. Nach 10 Minuten Suchen habe ich im Hostel angerufen, aber die Nummer ist falsch. Es ist fast schon Mitternacht und Pavla und ich irrte durch Moskauer Hinterhöfe auf der Suche nach dem lang ersehnten Bett. Ich bin so froh nicht alleine zu sein. Schließlich finden wir den Eingang und sind heilfroh endlich angekommen zu sein. Es war ein verdammt langer und anstrengender Tag und wir freuen uns auf unser Bett. Wir schlafen in einem Schlafraum mit 12 Betten, zwei sind noch frei, in den anderen liegen bereits Männer und bestaunen die Neuankömmlinge. Bisschen unwohl ist uns schon aber die Müdigkeit siegt. Wir beziehen schnell unsere Betten, gehen ins Bad, welches eigentlich kein Bad sondern ein Durchgangsraum ist und fallen in einen tiefen und langen Schlaf.